Machtmissbrauch in der Pflege: Wenn Lautstärke über Fachwissen steigt

Machtmissbrauch in der Pflege: Wenn Lautstärke über Fachwissen steigt

Einführung

Ich habe in der Pflege viel gesehen. Gutes, Belastendes und Dinge, die schlicht gefährlich waren. Diese Geschichte handelt von Kolleg:innen, die über Grenzen gehen und damit durchkommen. Weil sie laut sind. Weil sie sich seit Jahren alles erlauben dürfen. Und weil Leitung und Team schweigen. Was dann passiert, betrifft nicht nur das Klima im Team, sondern gefährdet auch die Menschen, um die es eigentlich gehen sollte: unsere Bewohner.

Das war passiert.

Beim letzten Arbeitgeber habe ich wie immer als Tagesleiterin meinen Frühdienst absolviert und meinen Aufgaben nachgegangen. An diesem Tag war die Leitung Hauswirtschaft/Küche, ich nenne sie mal Frau Küche, anwesend.

Da wo ich gearbeitet habe, war eine kleine familiäre Einrichtung – da konnte man sich schnell als Big Boss aufspielen, so wie es Frau Küche gern gemacht hat. Ausserdem war sie bereits 20 Jahre im Betrieb, kannte alles und alle und hatte auch alle im Griff. An diesem Tag habe ich entschieden, mit der Bewohnerin X nach draußen zu gehen und Gehtraining zu machen (nachdem ihre Familie dies mehrfachangeordnet hatte). Nach der Verteilung der Morgenmedikamente bin ich mit der Bewohnerin rausgegangen. Die Bewohnerin, die sehr schwach, unsicher und sehr desorientiert ist, kann man nicht weit laufen. Dadurch geht das Training nicht lange. Ich drehe gerade meine Runde, und kurz vor der Einrichtung steht Frau Küche am Eingang und schreit sich die Seele aus dem Leib. Zunächst bin ich verwirrt und weiß nicht, was passiert ist. Die Bewohnerin X, die stark dement ist, wird zunehmend unruhig. Trotzdem kann ich mich nicht beeilen, da der Weg bis zum Eingang noch etwa fünf Minuten dauert.

Frau Küche schreit weiterhin – wütender als je zuvor –, bis ich schliesslich merke, dass sie mich anschreit. Ich kam endlich an und wollte gar nicht erst wissen, was los war. Das Erste, was ich sagte, war: ‚Hör auf, so vor der Bewohnerin zu schreien. Die Bewohner sind verängstigt – und vor allem hast du nicht das Recht, so mit mir zu reden. Das Problem von Frau Küche war, dass eine Bewohnerin ihre Medikamente noch nicht eingenommen hatte. Sie machte ein grosses Drama daraus und fragte, wie ich nach draussen gehen könne, obwohl meine Arbeit angeblich noch nicht erledigt sei. Die Bewohnerin, die ihre Medikamente noch nicht eingenommen hatte, war an Schizophrenie erkrankt. Man kannte sie und wusste, dass sie in bestimmten Situationen entsprechend reagiert. Dennoch schrie Frau Küche weiterhin, wodurch die Bewohnerin noch mehr verstört wurde. Ich habe mit Frau Küche gesprochen und ihr gesagt, dass ihr Verhalten absolut unprofessionell war – draussen und vor allen Bewohnern so laut herumzuschreien. Ich habe sie aufgefordert, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und sich nicht einzumischen, da ich die Verantwortung trage.

Sie wollte das nicht verstehen und sagte: ‚Ich lasse mir nichts sagen – in dieser Einrichtung macht jeder alles.‘ Sie behauptete, sie dürfe auch Medikamente verabreichen und pflegerische Aufgaben übernehmen, obwohl sie in der Hauswirtschaft arbeitet. Ausserdem sei sie schon lange in der Einrichtung, weshalb ich auch auf sie hören müsse. Ich beendete das Gespräch, kümmerte mich um die Bewohner und meldete mich anschliessend direkt bei der Pflegedienstleitung sowie bei der Co-Leitung. Beide sagten mir, sie könnten nicht viel machen – Frau Küche sei eben ‚eine Gute‘ und schon lange im Betrieb. Ich solle mich beim nächsten Mal vielleicht mehr an sie anpassen. Niemand hat reagiert, es wurde nichts unternommen. Niemand hat das Gespräch mit ihr gesucht. Warum?

Frau Küche hat sich ihren Platz bei den Verantwortlichen durch Arschkriecherei erschlichen und konnte sich dadurch alles erlauben – unter anderem auch, Medikamente an die Bewohner zu verteilen, obwohl sie nicht über die nötige fachliche Kompetenz verfügte. Die Bewohner wussten nicht einmal, dass eine unqualifizierte Person dies tat. Sie bestimmte sogar, wann die Bewohner ins Bett gehen oder spazieren gehen sollten, selbst wenn Fachpersonen oder diplomiertes Personal etwas anderes vorgesehen hatten. Viele aus der Pflege und Hauswirtschaft haben den Vorfall mitbekommen, und sie wollten sich alle selbst schützen und behaupteten, nichts gehört zu haben.

Das war Mobbing und zugleich eine Gefährdung der Bewohner. Das war einfach alles, was nicht hätte sein dürfen. Die Leitung wollte nicht reagieren, und zudem muss ich sagen, dass sie mir glaubten, weil sie wussten, wie Frau Küche tickt. Aber sie sei eben schon viel zu lange als Teammitglied dabei.

Der Rest vom Team hat es ignoriert und gedeckt, weil sie«Landfrauen» waren. Nach dem Motto – alle gegen eine – ich hatte keine Chance.

Fazit

Was bleibt, ist Frustration - aber auch Klarheit: Solche Strukturen gefährden nicht nur das Personal, sondern vor allem die Bewohner. Wer Verantwortung trägt, muss klare Grenzen ziehen - auch wenn es unbequem ist. In unseren Workshops zeigen wir, wie du in solchen Momenten Haltung bewahrst und dich fachlich schützt.

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